Prädiktive Personalisierung und ihr Einfluss auf den Hotelsektor

Logistik

Das Konzept der Nutzung von Technologie zur Verbesserung des Benutzererlebnisses und gleichzeitigen Revenue-Steigerung im Hotel ist was wir unter prädiktiver Personalisierung verstehen. Es handelt sich dabei um einen zweistufigen Prozess: Unter Einsatz von maschinellem Lernen wird Benutzerverhalten im ersten Schritt analysiert und ausgewertet. Anschließend wird das Erlebnis des Benutzers durch automatische Bereitstellung der besten Inhalte und Angebote für eben diesen Benutzer personalisiert. Man mag sich an dieser Stelle fragen: Passiert das nicht bereits in dieser Form? Der große Unterschied besteht allerdings darin, dass hier eine Vorhersage in Echtzeit erfolgt. Das Konzept ist außerdem viel fortschrittlicher und basiert nicht bloß auf ein paar einfachen Regeln, sondern auf hunderten Variablen, die sich wechselseitig beeinflussen.

Die Notwendigkeit für prädiktive Personalisierung

Hoteliers weltweit dürfen sich an dieser Stelle freuen, denn prädiktive Personalisierung wird uns das Leben in vielerlei Hinsicht erleichtern.

„Prädiktiv“ (d. h. vorhersagend) ist hierbei ein wichtiges Stichwort, da es zum einen so viele Reisende gibt, die sich alle unterscheiden. Mit simplen Faustregeln und pauschalen Attributen wie Geschlecht oder Nationalität lassen sich deren komplexen Bedürfnisse leider nicht ableiten. Zum anderen ist es notwendig, Nutzerverhalten bestmöglich zu antizipieren. Kunden sind heutzutage nicht gerade geduldig und bevor sie uns ihre Vorlieben offenbaren, sind sie längst wieder verschwunden. Wir müssen daher schnell und geschickt agieren, um Verkäufe steigern zu können.

Die Personalisierung kommt ins Spiel, da prädiktive Analysen nur dann etwas nutzen, wenn man mit ihnen Verhaltensweisen ändern kann. Daten, die nicht in Handlungen überführt werden können, sind nutzlos und geben nur den Anschein von Kontrolle. Jeder Reisende ist einzigartig und durch Personalisierung lässt sich sicherstellen, dass entsprechend jedem Website-Besucher ein einzigartiges Benutzererlebnis geboten wird.

Maschinelles Lernen schlägt Spekulation

Die Realität ist, dass kein E-Commerce- oder Revenue Manager die Vielzahl von Variablen, die Benutzerverhalten prägen, und deren Wechselwirkungen im Kopf haben kann. Maschinelles Lernen ermöglicht es uns, diesen Prozess zu automatisieren und ihn so präzise und schnell zu machen, wie es keinem Menschen möglich ist.

Die Feedback-Schleife der prädiktiven Personalisierung ermöglicht dem Hotelier die Anpassung der Vertriebsstrategie in Echtzeit: Laufende Optimierung von Angeboten, Verwaltung von Auslastung zu beliebten Reisedaten bzw. in Hoch-/Nebensaison usw. Das Arbeiten mit Spekulation und vagen Annahmen im Yield Management-Prozess hat somit ein Ende, was wertvolle Zeit spart und Ergebnisse optimiert.

Entdeckung vs. Angebot

Personalisierung ist heutzutage ein echtes Modewort für alle Akteure der Reisebranche geworden. Jeder CEO denkt darüber nach und jeder im Marketing befasst sich mit dem Thema, um die Vorteile zu ergründen. Dasselbe lässt sich über künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen sagen. Interessanterweise sind die Probleme, die OTAs und Hotels mit diesen Techniken zu lösen versuchen, grundsätzlich verschieden.

OTAs haben ein Entdeckungs-Problem: Welche der hunderttausenden Hotels, die sie anbieten, sollen den Benutzern angezeigt werden? Hotels hingegen haben ein Angebots-Problem: Welche Kombination aus Zimmer, Services und Preis ist ideal für den jeweiligen Kunden?

Der Benutzer als zusätzliche Variable im Revenue Management

Bisher wurde versucht das Problem auf herkömmliche Weise im Rahmen des Revenue Managements zu lösen: Durch Nachfrageanalysen und Preis-Benchmarks mit Wettbewerbern suchte man denjenigen Zimmerpreis, der den Revenue des Hotels maximiert. Man bemerke an dieser Stelle jedoch, dass ein wichtiger Beteiligter bei diesem Ansatz unberücksichtigt bleibt – der Gast selbst. Kann man wirklich von Personalisierung sprechen, wenn der Preis für jeden Benutzer unabhängig von dessen Bedürfnissen gleich ist? Wir müssen den Benutzer in diese Gleichung miteinbeziehen und über das komplette Angebot nachdenken, nicht nur über den Preis. Auf diese Weise können wir das Angebot dynamisch anpassen, sodass es die Präferenzen jeder Einzelperson berücksichtigt.

Das perfekte Revenue Management bedeutet letzten Endes auch personalisiertes Pricing. Die derzeitigen Methoden optimieren für das Hotel, wir benötigen jedoch auch eine Optimierung für den Gast.

Verhaltensbasierte Personalisierung ist nicht CRM

Wir sollten uns im Klaren darüber sein, was prädiktive Personalisierung nicht ist. Es geht nicht darum, sich an die vom Kunden bevorzugte Weinmarke oder Morgenzeitung zu erinnern. Das ist heute schlicht überholt und nicht mehr das, was der moderne Reisende sucht. Annehmlichkeiten sind „out“ und Erlebnisse sind „in“. Wann haben Sie zum letzten Mal in einem Instagram-Post gelesen: „Toller Aufenthalt, sie wussten tatsächlich, dass ich ein New York Times Leser bin“? Natürlich schätzen Gäste immer noch den persönlichen Touch während ihres Aufenthalts, allerdings muss die Personalisierung in der heutigen Welt schon lange vor der Buchung des Gastes beginnen.

Der herkömmliche CRM-Ansatz funktioniert im Hotelgewerbe nicht, außer für ein paar sehr große Marken mit Fokus auf Geschäftskunden. Der Grund ist einfach: 90 % der Gäste eines Hotels kommen nicht zurück. Nicht, weil ihnen das Hotel nicht gefallen hat, sondern weil sie schlicht und einfach nicht erneut an denselben Ort reisen. Das aktuelle Verhalten ist in der Hotellerie wichtiger als das bisherige Verhalten, d.h. die Gegenwart ist wichtiger als die Vergangenheit. Den typischen Geschäftskunden, Boutique-Hotel-Gast oder Schnäppchenjäger gibt es nicht. Wir alle sind all diese Typen von Kunden zu verschiedenen Zeitpunkten. Was jemand genau in diesem Moment während der Planung dieser konkreten Reise tut ist es, was uns die Informationen liefert, die wir zur Personalisierung seines Erlebnisses benötigen.

Ein anderer wichtiger Vorteil eines verhaltensbasierten Personalisierungsansatzes ist dessen Kompatibilität mit den Privatsphäre-Bedenken moderner Benutzer. Wir können so etwas Einzigartiges anbieten, ohne den Namen oder etwa die E-Mail-Adresse des Individuums zu kennen.

Eine Definition der prädiktiven Personalisierung

Prädiktive Personalisierung könnte im geschäftlichen Sinne zusammenfassend wie folgt definiert werden: Die Ermittlung des Geldbetrags, den jeder Kunde bereit ist auszugeben, und die anschließende Bereitstellung des maximalen Wertes für diesen Betrag.

Für Hoteliers bedeutet dies, jeden Benutzer auf der Hotel-Website so zu begrüßen, wie man es bei jedem Gast bei Ankunft im Hotel auch tun würde: Herzlich, professionell und persönlich. Ein anonymer Benutzer wird zur Person, sobald er oder sie den Eingangsbereich des Hotels betritt.

Bei Personalisierung geht es darum das Verhalten von Benutzern zu lenken, Vertrauen unter ihnen aufzubauen und sie anschließend zu überzeugen, dass Ihr Hotel die richtige Wahl für sie ist. Sie zeigen dem Gast damit, dass Sie ihn wertschätzen. Und das ist es ja, worum es in der Hotellerie letztendlich geht.


praediktive personalisierung 02

Über den Verfasser:

Juanjo Rodriguez, Gründer und CEO von The Hotels Network. Er Digital- und Marketing-Entrepreneur und CEO des Technologieunternehmens The Hotels Network, das mit Hotelmarken weltweit zusammenarbeitet, um Gästebeziehungen aufzubauen und Conversion von Direktbuchungen zu steigern.

 


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